Flugangst, meine Geschichte
- Fabio Amstutz

- 23. Nov.
- 3 Min. Lesezeit
Wenn du das hier liest, sitzt du vielleicht gerade selbst im Flugzeug. Vielleicht mit feuchten Händen, pochendem Herzen und dem Gedanken: Warum tue ich mir das an? Weshalb schon wieder? Ich kenne das Gefühl. Zu gut.

Für viele ist Fliegen ein Symbol für Freiheit. Für mich war es lange ein Symbol für Kontrollverlust und Todesangst. Der Moment, in dem die Türen sich schliessen, die Triebwerke anlaufen und ich realisiere: Jetzt gibt’s kein Zurück..
Wie alles begann: Die Angst hebt ab
Die Flugangst war ab dem ersten Flug mit 19 Jahren da, wie ein unsichtbarer Passagier, der immer mitfliegt. Sie zeigte sich in Form von Herzklopfen, Schweissausbrüchen, grosser Angst, einem flauen Magen und etliche Gedanken, die sich überschlagen: Was, wenn etwas passiert? Ist das Geräusch normal? Weshalb wird das Flugzeug langsamer? Sind die Piloten wach? Das war keine kleine Nervosität. Es fühlte sich an, als würde mein Körper Alarm schlagen, obwohl ich rational wusste, dass Fliegen sicher ist.
Schritt für Schritt: Lernen, loszulassen
Wir haben klein angefangen. Ein Buch über Flugangst, geschrieben von einer Flight Attendant, hat mir geholfen, zu verstehen, was da oben wirklich passiert. Jetzt kenne ich praktisch jeden Vorgang beim Fliegen und weiss, es ist alles in Ordnung. Dann kam die Flughafenführung in Zürich, eine der besten Entscheidungen überhaupt. Ich sah, wie gründlich Flugzeuge kontrolliert werden. Wie nichts dem Zufall überlassen wird. Wie alles kontrolliert und mehrfach abgesichert wird.
Diese Einblicke haben etwas verändert: Nicht die Angst verschwand, sondern ihr Gewicht. Sie war plötzlich nicht mehr erdrückend, sondern… erklärbar.
Dann folgten unsere kurzen „Trainingsflüge“. Zürich–London, Zürich–Rom, Zürich–Amsterdam. Jeder Flug war eine mentale Übung. Und ja, es gab Momente, in denen ich am liebsten ausgestiegen wäre. Aber nach jeder Landung war da auch dieses Gefühl: Ich hab’s geschafft. Ein kleines Stück Freiheit.
Heute: Fliegen mit Angst und trotzdem frei
Ich bin nicht geheilt. Und ehrlich gesagt, will ich das auch gar nicht so nennen. Meine Flugangst gehört zu mir. Aber sie bestimmt mich nicht mehr.
Wenn das Flugzeug beschleunigt, atme ich tief durch. Ich halte Livias Hand. Ich erinnere mich an das, was ich gelernt habe über Auftrieb, Sicherheit, Wartung, Routine. Und jedes Mal, wenn wir in der Luft sind, gibt es diesen Moment, in dem ich aus dem Fenster schaue, die Wolken unter mir sehe und denke: Das hier hätte ich früher nie für möglich gehalten.
Ich fliege heute nicht angstfrei. Ich fliege trotz Angst. Und genau das ist der Unterschied.
Tipps für dich
Wenn du selbst mit Flugangst kämpfst, vielleicht helfen dir diese Dinge genauso wie mir:
Sich informieren, über Technik, Abläufe, Personal, Turbolenzen und Flugphasen.
Atmung regulieren. Langsame, tiefe Atemzüge beruhigen dein Nervensystem.
Positive Visualisierung. Stell dir vor, wie der Flug ruhig verläuft und du entspannt ankommst. Das trainiert dein Gehirn auf Sicherheit statt Gefahr.
Rituale vor dem Flug. Ein fester Ablauf, z. B. ein kurzer Spaziergang, beruhigende Musik oder ein Tee hilft, dein Stressniveau schon vor dem Boarding zu senken.
Sitzplatz klug wählen. In der Nähe der Tragflächen ist es meist am ruhigsten.
Körper entspannen. Leichte Dehnübungen oder Muskelentspannung helfen, innere Anspannung abzubauen.
Sich selbst gut zureden. Die Realität und nicht die Angst, frag dich stattdessen: Was ist aktuell Fakt? (Der Flug ist ruhig und das Personal bedient die Gäste = es läuft alles nach Plan)
Erkenne dass unsere Wahrnehmung uns täuschen kann. Das Flugzeug wird langsamer aber es fliegt immer noch mit 900km/h. Nach dem Start senkt sich die Nase = das Flugzeug wechselt vom Steigflug in die Reiseflugphase, ist aber immer noch am Steigen.
Mein Fazit: Mut ist leiser, als man denkt
Ich wollte mich meiner Flugangst stellen, weil ICH mein Leben bestimmen möchte und nicht meine Ängste. Nach 4 Monaten Weltreise und 12 Flügen, weiss ich, ich muss fliegen, weil ich die Welt sehen will.
Jedes Mal, wenn wir landen, spüre ich eine Mischung aus Erleichterung, Stolz und Dankbarkeit. Und wenn ich Livia ansehe, denke ich: Das war es wert.
An alle, die mit schwitzigen Händen in der Kabine sitzen und den Start überstehen: ihr seid mutiger, als ihr glaubt. Und wer weiss, vielleicht wird auch eure Angst irgendwann einfach nur ein stiller Mitreisender auf der Reise eures Lebens. Wenn du Fragen hast, zögere nicht, du bist nicht allein auf diesem Weg und es gibt immer Menschen, die dich unterstützen und an dich glauben.





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