top of page

Animal Welfare Koh Chang, zwei Wochen, die uns verändert haben

  • Autorenbild: Livia Walker
    Livia Walker
  • vor 6 Tagen
  • 6 Min. Lesezeit

Koh Chang. Vier Monate nach dem Start unserer Weltreise fanden wir uns an einem Ort wieder, der uns tiefer berühren und nachhaltiger prägen sollte als jeder Strand und jede Sehenswürdigkeit zuvor. Zwei Wochen lang arbeiteten wir im „Animal Welfare Koh Chang“, einer unglaublich engagierten Tierschutzorganisation auf der thailändischen Insel Koh Chang.


Livia und Fabio in Koh Chang

Schon in den ersten Minuten im sogenannten „Help Point“ wurde uns klar, dass diese Erfahrung nichts mit dem Unterwegssein zu tun haben würde, das wir bisher kannten. Wir wussten zwar im Vornherein, das es intensiv werden würde, aber der erste Anblick der Hunde verschlug uns regelrecht die Sprache. Wir sahen gelähmte Hunde, offene Wunden, ausgezehrte Körper und traurige Augen. Es war ein Schock, ein Moment, der uns aus jeder Komfortzone riss. Man muss bedenken, dass wir als Schweizer solche Anblicke wirklich nicht gewohnt sind. Doch ebenso schnell wurde uns bewusst: Hier geht es nicht um uns. Hier geht es um die Tiere. Um jedes einzelne Schicksal, das sonst niemand sieht. Um Leben, die nur weitergehen können, weil Menschen nicht wegschauen.



Unser Alltag zwischen Pflege, Handwerk und Hoffnung


Während zwei intensiver Wochen halfen wir dort, wo Hilfe gebraucht wurde. Und das war überall. Wir reinigten täglich Gehege, Kot und Urin. Viele Hunde sind gelähmt und können ihre Ausscheidungen nicht kontrollieren. Wir wuschen die Hunde, halfen bei der Reinigung von Wunden, wechselten Verbände, entleerten volle Blasen, spendeten Trost und streichelten jene, die sonst kaum Berührung bekommen. Viele Tiere sind querschnittgelähmt, einige kämpfen mit chronischen Infektionen, andere stehen an der schmalen Linie zwischen Hoffnung und Abschied. Bei einem Hund hing alles von den nächsten Tagen ab: Ob die Wunde heilt, die Infektion zurückgeht, der Körper noch einmal Kraft findet.


Ausserdem reparierten wir Gehege und Rampen, bauten neue Rollstühle zusammen und schleppten Material von A nach B. Alles, was den Alltag ein bisschen leichter macht, für das Team und für die Tiere.

Natürlich schenkten wir den Tieren auch Liebe. Viel Liebe. Das war wohl die einfachste und schönste Aufgabe in den ganzen zwei Wochen. Wir gingen mit den Hunden spazieren, spielten mit ihnen, sprachen mit ihnen und hielten ihre Köpfe, wenn sie Angst hatten. Manchmal setzten wir uns auch einfach nur neben sie, damit sie wussten, dass sie nicht alleine sind.


Und dennoch: Es gibt so viel Lebensfreude. Einige Hunde sind frei, verspielt und bringen mit ihrer Energie ganz viel Freude und Leichtigkeit ins Haus.


Zwei von ihnen sind uns besonders ans Herz gewachsen:


Pete, der kleine Wirbelwind mit dem grossen Hunger

Pete war von der ersten Sekunde an Livias kleiner Liebling. Ein winziger Hund mit einem riesigen Charakter. Pete rauschte wie ein Wirbelwind durch die Main Area, immer in Bewegung, immer auf der Suche (vor allem nach Futter). Wegen einer Schilddrüsenproblematik hat er ständig Hunger. Und so klein er ist, so gigantisch sind die Häufchen, die er produziert, ein Running Gag im Team.

Streicheln kann man ihn kaum. Pete denkt sofort, man wolle ihm etwas wegnehmen oder Futter stibitzen, und könnte schnappen. Doch wer ihn beobachtet, merkt rasch: Er ist ein fröhlicher, quirliger kleiner Kerl, der Leben in die Bude bringt und selbst an schweren Tagen ein Lächeln auf unsere Gesichter zaubert.

 

Chokhdee, der fröhliche kleine Lausbub

Chokhdee hingegen hat Fabio im Sturm erobert. Der junge Hund ist der neueste Zugang im Help Point. Er ist querschnittgelähmt und robbt auf seinem Hinterteil durch die Gegend, meist direkt hinter uns her. Immer fröhlich, immer interessiert, immer ein wenig zu verfressen. Chokhdee knabbert alles an, was er findet: Schuhe, Rasierapparate, Stuhlbeine, Kokosnüsse, nichts ist vor ihm sicher.

Er darf aber noch viel lernen, und das merkt man. Manchmal ist er ein kleiner Tollpatsch, manchmal ein kleiner Schelm. Doch seine Lebensfreude ist ansteckend. Trotz seiner Behinderung strahlt er eine Neugier aus, die uns tief berührt hat. Bei Chokhdee erkennt man, wie viel ein Hund geben kann, selbst wenn ihm das Leben bisher wenig geschenkt hat.



Ein Kulturschock, der uns Demut lehrte


Als Menschen aus der Schweiz sind wir Strukturen gewohnt, die uns oft gar nicht bewusst sind: volle Medikamentenschränke, funktionierende Infrastruktur, klare Prozesse, genügend Personal und finanzielle Mittel. In Thailand wird täglich mit dem gearbeitet, was gerade verfügbar ist und das ist oft nicht viel. Manchmal fehlt es an Verbandsmaterial und manchmal schlicht an Händen. Man arbeitet mit dem, das man gerade irgendwo auftreiben kann, repariert Rollwägen und improvisiert.


Was uns besonders bewegte: Trotz dieser enormen Herausforderungen gibt das Team von Animal Welfare Koh Chang alles. Jeden einzelnen Tag. Ohne Pausen, ohne Ferien, ohne Plan B. Die Hingabe, der Mut und die Kraft, mit der sie kämpfen, hat uns tief beeindruckt. Wir durften erleben, dass es den Hunden hier wirklich gut geht und es ihnen an nichts fehlt. Diese Erfahrung hat uns nicht nur Demut gelehrt, sie hat uns auch gezeigt, wie privilegiert wir in der Schweiz aufgewachsen sind und wie viel man selbst verändern kann, auch ohne perfekte Bedingungen.



Über Animal Welfare Koh Chang


Animal Welfare verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz für Tierschutz auf der Insel. Die Organisation setzt sich nicht nur für Kastration und Impfungen sein, sondern versucht auch das Leid von Strassenhunden nachhaltig zu lindern. Die Organisation verfügt über zwei verschiedene Bereiche.


Help Point, Zuflucht für kranke, alte und behinderte Hunde

Der Help Point von AWKC ist kein normales Tierheim, sondern eher ein kleines Refugium, vergleichbar mit einem Alters- oder Rehabilitationsheim für Strassenhunde. Dort finden alte, blinde, verletzte, gelähmte oder schwer kranke Hunde ein dauerhaftes Zuhause, wenn sie auf der Strasse nicht mehr überleben könnten. Manche der Schützlinge werden dort dauerhaft versorgt, andere erhalten intensive Pflege bis sie sich erholen. Für viele Hunde ist der Help Point oft die letzte Hoffnung. Sie bekommen dort eine zweite Chance und ein würdevolles Leben.

 

Riverhouse, Fütterung und Pflege der Strassenhunde

Parallel dazu betreibt AWKC das Riverhouse. Ein Einsatzbereich, in dem Strassenhunde regelmässig gefüttert werden. Freiwillige gehen mit dem Team los und versorgen hunderte streunende Hunde mit frischem Futter. Pro Monat verteilt das Team rund 3.6 Tonnen Tierfutter. Weiter beteiligt sich das Riverhouse-Team an Kastrations-, Impf- und Rettungsaktionen, vor allem wenn Hunde verletzt auf der Strasse gefunden werden oder medizinische Hilfe brauchen. Auch verletzte Affen und andere Tiere werden gerettet und medizinisch versorgt.



Der Blick hinter die Kulissen und zu Tanja Siegwart


Auf die Organisation aufmerksam wurden wir durch das Tierheim Paradiesli in Ennetmoos sowie durch den Verein „Vergessene Seelen“. Beide liegen nahe unseres früheren Wohnortes in Kerns (OW) und unterstützen Animal Welfare Koh Chang seit Jahren.

Von Beginn an standen wir mit Tanja Siegwart vom Verein „Vergessene Seelen“ in Kontakt. Was wir vor Ort erlebten, liess uns erst begreifen, welch unglaubliche Aufgabe sie bewältigt. Sie organisiert und kontrolliert alles aus ihrem Büro in Stansstad: Spenden, Abläufe, Volontariate, medizinische Abklärungen, Kommunikation mit der Insel, Vermittlungen und und und. Wir haben während unseres Aufenthalts nur eine leise Ahnung davon bekommen, welch wahre Mammutaufgabe das ist.


Die Kommunikation mit ihr war von Anfang an herzlich, unkompliziert und hilfsbereit. Ihr Engagement, ihre Geduld und ihre unglaubliche Belastbarkeit haben unseren grössten Respekt. Wir wissen jetzt: Ohne Menschen wie sie könnten Organisationen wie Animal Welfare Koh Chang überhaupt nicht bestehen.


Da wir unsere Weltreise bewusst nutzen wollten, um Gutes zu tun und etwas zurückzugeben, entschieden wir uns, einen Teil unserer Reisezeit in Koh Chang zu investieren. Uns war es wichtig, dass wir eine Organisation unterstützen, hinter der wir absolut stehen können. Animal Welfare Koh Chang war für uns also definitiv die richtige Wahl und wir können ein Volontariat wärmstens weiterempfehlen.



Wir reisen weiter, doch ein Teil von uns bleibt


Unsere Zeit im Help Point geht nun zu Ende. Während wir unsere Rucksäcke packen und weiterziehen, bleibt ein Gefühl zurück: Diese zwei Wochen haben uns verändert. Für uns war es nur ein kurzer Zeitraum. Für die Tiere und das Team vor Ort geht der Kampf jedoch jeden Tag weiter. Ohne Pause. Ohne Garantie. Aber mit unerschütterlicher Hoffnung.


Wir haben in kürzester Zeit das herzliche Team und besonders die Hunde ins Herz geschlossen. Der Abschied fällt uns schwer. Wir sind enorm dankbar für jede Erfahrung, die wir machen durften und werden unsere Zeit hier nie vergessen.



So kannst du helfen


Die Organisation finanziert sich fast vollständig durch Spenden. Jede Hilfe zählt, sei es für Medikamente, Futter, Pflege oder Tierarztkosten. Die Organisation lebt von Menschen, die hinschauen. Von Menschen, die einen kleinen Beitrag leisten, damit diese wichtige Arbeit weitergehen kann.


Und gerade jetzt, in der Weihnachtszeit, möchten wir daran erinnern: Ein Geschenk muss nicht immer etwas Materielles sein. Vielleicht ist eine Spende an Animal Welfare Koh Chang das schönste Weihnachtsgeschenk. Eines, das Leben rettet, Hoffnung schenkt und jenen hilft, die selbst nichts haben ausser ihrer kleinen, grossen Seele.

Kommentare


bottom of page